Geschlechtsspezifische Medizin

 

Frauen erkranken anders als Männer. In der klassischen Medizin wird dies allerdings kaum berücksichtigt.
In immer mehr medizinischen Fachgebieten spielt deshalb  die geschlechtsspezifische Medizin eine zunehmend große Rolle. Neuerdings auch in der Schlafmedizin.

 

Schlafapnoe ist in der öffentlichen Wahrnehmung eher eine Erkrankung der Männer.
Im Zuge der Gendermedizin (geschlechtsspezifische Medizin) wird diese These zunehmend in Frage gestellt.
Inzwischen weiß  man, dass bei den gegenwärtigen Diagnosekriterien  die  Schlafapnoe bei Frauen oft deshalb nicht erkannt wird, weil die Diagnostik nicht geschlechtsbezogen erfolgt.
Frauen beschreiben ihre Symptome mit anderen Worten. Sie sind z.B. seltener bereit, sich über Müdigkeit oder „undamenhaftes“  Schnarchen zu beklagen.

 

Die für eine Schlafapnoe nicht typischen Beschwerden führen dazu, dass Frauen viel seltener als Männer im Schlaflabor untersucht werden und dass die Schlafapnoe bei Frauen viel seltener diagnostiziert wird.

 

Frauen berichten oft über Ein- und Durchschlafstörungen, Stimmungsschwankungen wie Angstgefühle und Depressionen, sind nicht so häufig schläfrig und geben seltener an, dass sie schnarchen. Dies führt den Mediziner oft auf eine falsche Fährte.  Wenn dann diese Symptome zum Zeitpunkt der Menopause auftreten, wird statt einer Schlafapnoe eher an eine Depression gedacht. Bei den üblichen medizintechnischen Untersuchungen  erschweren die weiblichen Sexualhormone die Diagnose.  Aufgrund von  anatomischen Schutzfunktionen wird verhindert,  dass die Atemwege während der Nacht vollständig  kollabieren.  Frauen haben weniger Atempausen (Apnoen), sondern  erwachen wegen  der starken Atemanstrengungen durch die verengten Atemwege. Dies ist auch bei der anschließenden Therapie von Bedeutung. So wurden im Rahmen der Gendermedizin spezielle Atemtherapiegeräte für Frauen entwickelt.
Im Rahmen der Gendermedizin ist auch die  Schlafapnoe in der Schwangerschaft von großem Interesse.
Im letzten Schwangerschaftsdrittel kann eine obstruktive Schlafapnoe auftreten. Zunächst beginnen die werdenden Mütter zunehmend zu schnarchen, dann kommen Atempausen hinzu. Im Sinne des Wohls von Mutter und Kind sollte man das ernst nehmen. Wenn die werdende Mutter normalgewichtig und gesund ist, hat sie auch bei mehrfachen Schwangerschaften nur ein geringes Risiko für atmungsbezogene Schlafstörungen.
Schnarchen und Schlafapnoe verschwinden nach der Geburt häufig innerhalb der ersten 3 Monate wieder vollständig. Bei erneuter Schwangerschaft ist das Risiko für eine erneute schlafbezogene Atmungsstörung allerdings hoch.

 

Die Schlafmediziner haben sich dieses Themas angenommen und versuchen, für die gefährdeten Mütter Lösungen zu entwickeln.

 

Reinhard Wagner